Auf Knopfdruck

Auf Knopfdruck- Treiben will gelernt sein

Die richtige Mischung zwischen " Gas" und "Bremse" zu finden ist wohl eins der allergrößten Themen in der Ausbildung des Pferdes. Klar ist: ohne das Beherrschen von verhaltenden und treibenden Hilfen bleibt das Endziel Balance immer ein Wunschdenken. " Accorder de la Main et la Jambe" , das Übereinstimmen von Hand und Schenkel, nannten die Alten Meister diesen Prozess des " Feintunings". Gueriniere erklärt, dieses Ziel zu erreichen sei ein lebenslanger Prozess...


Hilfenverständnis zwischen Mensch und Pferd sind Nichts, was in irgendeiner Form generalisiert werden können. Sie müssen gemeinsam erarbeitet werden und sind ein Kultivierungsprozess

Gerätschaften wie diese Konstruktion sollten das Pferd an Gerten- und später auch Schneklimpulse gewöhnen, um sie unempfindlicher gegen die Einwirkung des Menschen zu machen, so dass sie " beherrschbarer" wurden. So etwas kann niemals die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd herstellen oder ersetzen. Das PFerd ist schließlich kein Automat.


Verhaltenden Hilfen machen uns Menschen, sobald wir etwas in der Hand halten, deutlich weniger Probleme , als teibende Hilfen zu geben- und diese noch in der richtigen, angemessenen Dosierung . Menschen sind nun einmal  " Greiflinge" und wir haben unseren Fokus sowieso mehr auf der Tätigkeit unserer Hände , als auf unseren Beinen, wenn wir mit dem Pferd arbeiten. Wir müssen also lernen, anderen Fokus zu finden, um gezielt einwirken zu könne. Wie müssen dem Pferd vermitteln, dass es sich durch unsere treibenden Hilfen nicht aus Unverständis oder Angst verspannt, sondern im Gegenteil, diese zur Entspannung führen. Gar nicht so einfach- für Beide!

Wie immer verläuft hier die Ausbildung von Mensch uznd Pferd parallel.


Das junge Pferd lernt schon im Stand, sich von der Gerte zur Hand hin zu lösen und sich hinter der Hand im Körper einzuordnen. Das ist ein Lernprozess und hat mit Instinkt oder gar Reflex nichts zu tun. Die Gerte wirkt hier als Verlängerung des Zeigefingers und darf sich für das PFerd nicht bedrohlich anfühlen.

Beim Anreiten dann ersetzt nach und nach der Schenkel die Gerte, die als optische Hilfe dem Pferd Sicherheit gibt ...

...bevor dann die Sicherheit vom " umbeinenden" Schenkel kommt, der das Pferd einrahmt, die Sitzhilfe unterstützt und begleitet und je nach Position und Einsatz ganz unterschiedliche Informationen liefert.


Immer noch hält sich hartnäckig der Gedanke, das Pferd empfinde Gerte , Schenkel oder gar Sporn als eine so starke Bedrohung oder Strafe , dass es reflektorisch reagier und an Flucht denke. Doch ist das nicht viel zu simpel gedacht? Degradiert diese Haltung das Lebewesen PFerd nicht zu einem rein reagierenden Wesen, das ohne jeden eigenen  Willen und Verstand zum Instrument des Menschen zum Ausführer von Befehlen und zum Sklaven ursprünglicher Instinkte wird?  Was sagt das über das Verständnis der Beziehung zwischen Mensch und Pferd aus, wenn der Mensch in dieser Vorstellung konsequent ein Täter ist, vor dem es sich zu fürchten gilt und das Pferd ein Opfer, das in ständiger Angst hilflos verharrt? Die Realität ist doch eine andere: Pferde sind uns so sehr kräftemäßig und in der Bewegungskompetenz überlegen, das sie auf unsere Einmischung in ihr Leben gut verzichten könnten. Denn, wie heißt es so schön: ein Reiter ohne Pferd ist bloß ein Mensch,ein Pferd ohne Reiter jedoch bleibt immer ein Pferd...wir müssen sie also für uns gewinnen.

 


Ob Prinz oder Bettelmann: das Pferd macht keine Unterschiede in Status, Nimbus oder Stand. Vor ihm sind alle gleich...und und landen im Zweifelsfall auch im gleichen Sand

Richtige Arbeit im Sinne des Pferdes bringt Mensch und PFerd näher zusammen. Wir haben mit unserem heutigen ethischen Verständnis von Tierschutz  kein Recht, Pferd zu unserem Vergnügen zu nutzen und ihnen damit Schaden zuzufügen.


Die Alten Meister sehen dieses Thema denn auch ganz genauso: für sie ist das Pferd ein intelligentes, vernunftbegabtes, reflekiertes Gegenüber, durch das genaue Geben von Zeichen und ein angemessenes Verhältnis und Timing dieser Zeichen wollen sie den Dialog mit dem Pferd finden. Endlose Stunden werden hier Handgriffe, Verzeihung: " Beingriffe" geübt", um dem Pferd angemessene Unterstützung beim Finde der Balance bieten zu können. Die " Ritterakademien " von Reniassance und Barock schulen in  Tanz und Musik zum Erlernen von Taktgefühl- auch im übertragenen Sinne , " Staatskunde" zur Vermittlung diplomatischer und rhetorischer Fähigkeiten und  natürlich der Reitkunst, die diese und weitere Dinge dann im Umgang mit dem erfahrenen vierbeinigen Lehrmeister PFerd zusammenbringt.


Zwei Lebewesen, deren Leistung un ausgeglichener Zusammenarbeit besteht, müssen sich gegenseitig verstehen, um zu einem Erfolg zu kommen. [...] Jeder Reiter muß ein Psychologe sein, um sich durch kleine und kleinste Anzeichen das richtige Urteil über das Verhalten des Pferdes zu bilden und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Der erfolgreiche Reiter soll auch die gleichen Fähigkeiten wie jede gute Erzieher haben. Darüber hinaus muß er abe rauch bemüht sein, sich dem ihm anvertrauten Lebewesen- dem Pferd - begreiflich zu machen , sich mit ihm zu verständigen.

( A. Podhajsky,Die klassische Reitkunst)


Gerade der Gebrauch des Schenkels ist heute oftmals etwas , was in der gezielten Schulung des Menschen in seienen Nuancen der Botschaften an den Partner Pferd  völlig vernachlässigt wird. Er kann jedoch ganz unterschiedliche Funktionen haben:

- er kann das Pferd auffordern, anzutreten oder dasTempo     zu vergrößern: " der treibende Schenkel"

-er kann das Pferd lösen und es dazu bringen, sich ihm mit dem Leib zu umschmiegen: " der biegende Schenkel"

- er kann umschmiegend sein und dem Pferd so Halt geben, es aber auch im Tempo begrenzen. Er kann, je nach Intention , an der Schulter oder hinter dem Gurt eingesetzt werden: " der verhaltende oder verwahrende Schenkel"

- er kann dem Pferd helfen, sich in der Fußungsrichtung der Hinterbeine neu zu organiseren, indem er ein Hinterbein seitwärts weist: " der von sich wegbiegende Schenkel"

- er kann dem Pferd verhelfen, zu mehr Gelenkstätigkeit zu kommen, indem er im rechten Moment für mehr Vorgriff ( Tätigkeit des Hüftgelenks) oder Gelenkstätigkeit in Knie und Sprunggelenk sorgt: " der versammelnde Schenkel"

Kommt die richtige Tätigkeit der Hand hinzu, dann wird jede dieser Schenkeleinwirkungen , die vom Pferd ein großes Abstaktionsvermögen verlangen, versammelnd wirken, weil sie die Energie aus dem " Motor Hinterhand" lenken und regulieren können. Hierzu darf das Pferd die Einwirkung des Menschen nicht als störend oder gar ängstigend empfinden, weil ansonsten die so elementar für gesunde Bewegung und den psychologischen Lernprozess des PFerdes wichtige Durchlässigkeit und die Losgelassenheit verloren gehen. Das Pferd muss verstehen wollen, nicht müssen, der Mensch kann mit seinen Hilfen nichts im Pferd erzeugen, sie sind wohl formulierte Bitten, kein Zwang.


Pferde nutzen das " Spiegeln" der Bewegung , um Harmonie und Miteinander zu erzeugen. Sie scheinen in Anmut miteinander im Tanz zu sein.

Das Pferd, das Sympathie zu uns empfindet, möchte mit uns in Bewegung verschmelzen und spiegelt auch uns: es fordert uns zum Tanz.  Wir nutzen diese Fähigkeit des Pferdes, um es gezielt mittel unserer Körpersprache zu schulen und ihm Bewegungsvorschläge zu machen...

...um dann im Sattel ebenfalls mit dem PFerd zu einer Einheit zu werden. " Der Mann passe sich dem Pferd an, wie der Tänzer der Musik", fordert schon Federico Griso in seiner 1550 erschienenen " Gli ordini die Cavalcare". Die Schenkel werden so zur Verlängerung des Sitzes.


 

Gerade die so wichtigen treibenden Hilfen können von sensiblen, intelligenten Pferden als Korrektur oder gar Kritik verstanden werden , aber durch ihre Fähigkeit zur Herstellung der Anlehnung sind sie es, die einzig und allein für reelle Ausbildung sorgen können . Sie sind oft ein solcher Kern der Missverständnisse zwischen Mensch und Pferd, dass ihrer Kultivierung größte Sorgfältigkeit gelten sollte. Viele Pferde bleiben sonst ein Leben lang im Ausbildungsstand einer Remonte und haben ,auch durch ein falsches Verständnis der Zeichengebung des Reiters , der bei Hilf-Losigkeit schnell zu Kraft oder Gewalt greifen will, nur gelernt, sich durch Laufen oder Verhalten den Schenkelhilfen zu entziehen. Das gebildete, geschulte Pferd hingegen wird mühelos und mit Freude knobeln wollen, was genau der Mensch nun gerade fragt, es gewinnt an Selbstbewußtsein und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Arbeit mit dem Menschen wird zum Benefit für seine Lebensqualität. Das ist so weit weg von einem stupiden Befolgen von Reflexen, wie es nur sein kann: die Geistesbildung des Pferdes statt Turnunterricht und ein Beschränken von Bewegung auf simple  gymnastische Übungen. " Scientia versus Robur"- Wissenschaft statt Kraft und Gewalt- auch auf Seiten des Pferdes!- , das ist schon das große Motto der Lehre von Antoine de la Baume Pluvinel ( 1555-1620)   , Ecuyer Principal des französischen Königshofes und Lehrer und Mentor gleich vier französischer Könige seiner Zeit .  Für das Pferd ist also der Schulungsprozess einer Kultivierung von Hilfengebung eine Bereicherung für seinen intellektuellen Fähigkeiten... wenn sie sie denn zuläßt und anspricht!


"...mit Betrachtung wie ich ihm das Gehirn mögte zimblicher maßen und auch mehr als die Lenden und Schenkel bearbeiten, und soll man wohl zusehen, wo es sonsten möglich ist das nit zuerzornen, damit man ihm sein Wackerheit nit benembe, dann ie bei den Pferden, gleich wie die Blum auf den Fruchten ist , nachdem sie hinweggenommen, nimmermehr wieder darauff gefunden wirdt: ebender Gestalt ist es mit den Pferden welche von einem leichten Schrot und voller hitzigkeit sein beschaffen. "

Antoine de la Baume Pluvinel, L`Instruction Du Roi de monter au cheval, 1628


„ Die Sinne können sich ausdrücken: die Bewegungsmuskulatur steht nicht mehr im Vordergrund!“
Denoix

Das gebildete Pferd: ein Pferd, das auf Fragen antworten kann