Hebammentechniken

Das junge Pferd wird behutsam an die Bewegungsaufgabe Kreisbahn herangeführt: Löhneysen erklärt 1609, wie das zu machen ist. Das Pferd wird hier begleitet, darf aber seine Form selber finden.
Um also eine reelle Rippenbiegung und Rumpfrotation zu erzeugen, muss das Pferd in der Lage sein , seine Schultern entsprechen am Rumpf entlanggleiten zu lassen, eine gymnastische Aufgabe, die eine langwierige , kleinschrittige Schulung erfordert, um Verletzungen an den empfindlichen verbindenden Strukturen zu vermeiden, ein Verkleben oder gar Vernarben im Gewebe zu verhindern und es dem Pferd ermöglich, sozusagen locker und entspannt unter seinen Schultern durchzuschwingen. Wir wissen heute: solange ein Pferd nicht vertrauensvoll und voller Freude seinen Körper für sich nutzen lernt, ist dieser Prozess unmöglich, es braucht für funktionieren Faszien, von denen so viel für den Körper abhängt das, was wir „ positive emotionale Anbindung“ nennen, also die Freude am ( Selber-)Tun.

Damit das Pferd in der Lage ist, sich auf neue Balancezustände einlassen zu können, muss es verstehen, wie es diese in seinem Körper umsetzen könnte. Dazu braucht es Raum, sich ausprobieren zu dürfen, ohne dass es sofort korrigiert wird. Schließlich ist jede Hilfe die Andeutung einer Strafe, wie schon Gueriniere erklärt.
Die dritte und wichtigste Form des Entbindens findet in den Hufen des Pferdes statt: sie sind das Alpha und Omega in Sachen Balancefindung, Energietransport, Kraftweitergabe und Schwungfähigkeit des gesamten Pferdes. Hat das Pferd in diesem Bereich Defitizite, muss es zwangsläufig im Verlauf in seinem Körper versuchen, diese auszugleichen und erzeugt also Spannung, die dann zu Steifigkeiten und Festigkeiten führen. Weil nun alles mit allem im Körper verbunden ist und in direktem Austausch steht, muss bei jeder Unbeweglichkeit im Körper zuallererst der Blick auf die Hufe fallen. Vor allem der hintere Teil des Hufes ist hier von größter Bedeutung: sind Trachten, Eckstreben, Ballen, Strahl und Hufknorpel an ihrem anatomischen korrekten Platz? Können sich alle Teile gegeneinander so bewegen, wie sie es sollen? Sind sie miteinander veerklebt ? Oder aber müssen , wie Gueriniere es fordert, durch gezielte Impulse bei der Hufbearbeitung und dem Entbinden der Teile voneinander die „Säfte richtig geleitet werden“, Energie, Versorgung, Funktion ( wieder) hergestellt werden?

Balance in der Bewegung ohne Balance der Hufe ist unmöglich.

Die paukende Vorhand: deutlich zu sehen die im Takt gestörte Grundgangart Trab. Hier ist das gesunde Ganzkörperorganisationsmuster durch die Einwirkung des Reiters gestört , das Pferd ist ein sogenannter Schenkelgänger und wird über kurz oder lang Schaden erleiden. Da es sich ja nicht um ein Auto, sondern ein Lebewesen handelt, bedeutet dies: es führt vielleicht ein Leben voller Schmerz, weil es falsch bewegt wurde.
