Die Schule des Charakters

Die Schule des Charakters


Wie finden Mensch und Pferd zusammen? Das hat schon die Alten Meister umgetrieben...


Zweifel, das Gefühl eines möglichen Scheiterns, Reflektieren und Selbstkritik, all das gehört dazu, wenn wir Pferde ausbilden wollen - und das ist auch gut so!
Besonders, wenn gerade nicht so klappen will, wie wir uns das erhofft hatten, müssen wir lernen, ein angemessenes Verhalten dem PFerd gegenüber zu zeigen. " Schwierig" muss für uns ein Synonym für " interessant" werden, dann haben wir die Chance, neugierig und konstruktiv gemeinsam mit dem Pferd an der gerade aktuellen Aufgabe zu knobeln, statt allein hilflos vor Problemen zu stehen.

"Verstehst Du mich?" Hilfen müssen zuerst einmal gelernt werden- von Mensch und Pferd.

"Auch der Charakter der Menschen wird seinen Ausdruck in der Ausbildung und Vorführung des Pferdes finden. Der Ausgeglichene wird zum Meister, der Beschwingte zum Künstler, der Korrekte zum Beherrscher, der Gewalttätige zum Bezwinger, der Spitzfindige zum Tricktäuscher, der Zaghafte zum Kompromißler, der Ängstliche zum Kapitulanten, der Jähzornige wird ungerecht, der Bösartige zum Folterknecht, der Melancholische zum Tändler, der Hastige zum Versager, der Ungeduldige zum Mißvergnügten, der Törichte zum Selbstzufriedenen, der Protz zum mehr oder weniger glücklichen Angeber auf seinem Pferde, der Kluge bleibt, auch wenn er Meister ist, der ewig Lernende, aber der Weise ...?
Dem Weisen im Sattel begegnet man selten. Man erkennt ihn daran, daß er sich vorsichtigste Zurückhaltung auferlegt, weil er weiß, daß niemand alle Rätsel lösen kann, die das Pferd uns aufgibt -, das Leben ist zu kurz."
(Udo Bürger, 1959)

Jedes Pferd ist anders in seinem Charaker,seinen Bedürfnissen und vor allem seinem Erleben von den Inhalten, die wir als " Reitkunst" betiteln. Keine Lektion fühlt sich für zwei Pferde gleich an, ihr Inhalt hat für jedes Pferd eine unterschiedliche Bedeutung, weil jeder Pferdekörper unterschiedlich ist, jedes Pferd vor allem aber auch unterschiedlich lernt und natürlich auch verschieden Dinge lernen muss- abhängig von seinem Grundvoraussetzungen, dem, was es gerade mitbringt.


Jedes Pferd hat das Recht auf Individualität- auch in seiner Ausbildung.


Schon allein deshalb ist ein äußeres Bild einer Lektion unbedeutend und vor allem nicht vergleichbar, sondern ein Anhaltspunkt für unser Auge, dabei aber keine Schablone, ein immer neu geschriebenes Buch, dessen Seiten wir mit Wissen um Bewegungsabläufe und Bewegungsmöglichkeiten, Lernpsychologie und Pädagogik füllen müssen und zwar bei jedem Pferd in jedem Ausbildungsstand erneut.


" Wie machst Du das? " Das Pferd selber probieren zu lassen ist wichtig für die Entwicklung von Körperintelligenz und Bewegungskompetenz. Nur so kann es voll in seiner Kraft leben.


Es geht niemals darum, mit einem PFerd eine Lektion, eine Übung machen zu können, sondern darum, mit jedem Pferd neu und genau zu lernen, wieviele Wege wir finden könnten , um unsere Fragen so zu formulieren, dass wir es dem Pferd ermöglichen, die Antwort zu finden, die wir erhofft hatten. Je mehr wir wissen, desto mehr können wir sinnvoll von sinnfrei für dieses Pferd unterscheiden lernen.
Der eigentliche Benefit liegt nicht im Turnen einer Lektion, sondern dem Zwiegespräch mit dem Pferd, in der Bildung des Geistes beider Partner und dem daraus folgenden körperlichen Ausdruck des Inhalts des Besprochenen. Zuerst muss das Fühlen da sein, dann das Tun: Sensorik vor Motorik.
" Weil es bei manchen Pferden schwieriger als bei Anderen sein kann sie auszubilden, deswegen rate ich Dir, nicht zu verzweifeln, wenn einige Pferde nicht so schnell die Dinge erreichen, die Du Dir in Deinem Kopf für sie geplant hattest . Folge also einfach meinen Regeln mit Genauigkeit, denn in der Reitkunst, wie überall anders auch ist es so, dass je härter Du Dir etwas erarbeiten musst, desto mehr Perfektion wirst Du endlich erlangen. "
Federico Griso, Gli ordini die cavalcare ,1550
 

Es geht darum, dass das Pferd Vertrauen lernt: in seinen Körper und dessen Fähigkeiten und in die Fähigkeit des Menschen, bedarfsgerechte und bedürfnisgerechte , angemessene  Übungen für dieses Pferd auszuwählen. Nur so wird man erreichen, dass das Pferd sich schenken mag.