"Trick" or "Treat" ?

Taktreiner Schritt- laut Nuno Oliviera die schwierigst aller Lektionen. Keine Gangart ist in ihrem Schwung so störanfällig.

 

Wann nutzt die Arbeit dem Pferd?

Das ist eine Frage, die mir im Berufsalltag immer wieder gestellt wird, die in Social Medias und Internet-Foren heißt diskutiert wird.

„Das ganze und einzige Ziel der sogenannten alten Reitkunst war und besteht noch : die geborenen Rückengänger zu conservieren, mässige vermehrt auszubilden und reine Schenkelgänger zu Rückengängern umzuwandeln, denn sämtliche Lektionen und die sogenannten Schulen bezwecken nichts anderes, als das Pferd schwunghaft zu machen“, sagt Baron von Holleuffer in seinem Buch „ Die Ausbildung des Reit-und Kutschpferdes zwischen den Pilaren“ ( Hannover, 1896).

Die Arbeit zwischen zwei Pilaren oder um einen Pilaren herum war jahrhundertelang eins der bewährtesten Mittel zur Ausbildung des geschulten Pferdes.

Schwung ist gerade in der heutigen Reiterwelt ein schwieriger Begriff. Gemeint ist eigentlich- und wird von von Holleuffer als erstem auch so konkret betitelt- die dreidimensionale Schwingung der Wirbelsäule. Diese Schwingung ist dem Pferd nur dann möglich, wenn keine ( Ver-) Spannung die Bewegung der Wirbelsäule nach oben-unten, recht-links und Rotation einschränkt. Ist das der Fall, so Holleuffer, so verrichte das Pferd „ die Bewegungen ohne Mitgebrauch der Wirbelsäule, die Bewegungen sind hart oder gespannt, nicht raumgreifend, entweder übereilt oder träge, sie richten ihre Beine und die Reiter zugrunde, sie stehen entweder hinter dem Zügel oder liegen tot auf demselben und sind nicht zuverlässig im Gehorsam“ .

Nimmt man dem Pferd aber den Schwung , so nimmt man ihm  „ Verve, Elan, Begeisterung, Lebensfreude, Pep, Dynamik, Vitalität, Impetus, Gedankenflug, Leidenschaft, Fitness“- um nur einige Synonyme zu nennen, den der Duden für das Wort „Schwung “hat.

Die Wirklichkeit ist viel umfassender: nimmt man dem Fluchttier Pferd die Möglichkeit, die einzige feste Verbindung zwischen dem Motor Hinterhand und der Vorhand zu nutzen, um möglichst effektiv in Bewegung zu kommen und zu bleiben, dann kann es nicht mehr seiner Natur entsprechend handeln. Stress entsteht.

Arbeit in den Seitengängen kann Schwung wiederherstellen

Nur dann, wenn unsere Arbeit immer und in allen Teilen darauf ausgerichtet ist, dass das Pferd in der ihm eigenen Natur als Pferd einen Nutzen hat, dann hat unsere Arbeit dem Pferd genützt. Das hat vor allem etwas mit dem Schwung zu tun: „ Diese Schwingungen ( der Wirbelsäule) sind sichtbar, fühlbar und hörbar“, zu sehen sowohl an der Bewegung der Gliedmassen ( Takt!) und Haltung von Hals, Genick und Schädel, als auch der Bewegung und Haltung des Schweifes. „ Die Schwingungen werden von den Hinterbeinen aus in Bewegung gesetzt, teilen sich über die Wirbelsäule dem Kopf und den Vorderschenkeln mit und bringen das Pferd gleichzeitig in die Anlehnung an das Gebiss“, führt er weiter aus. Warum das so und nicht anders sein muß, zeigt uns die Faszienforschung die beweist, was die alten Meister seit Jahrhunderten wissen: Der Motor sitzt hinten, die Hand des Reiters / Ausbilders kann nichts erzeugen, nur verhindern oder kanalisieren. Diesen Motor gilt es in seiner Übertragung nicht zu stören, damit das Lauftier Pferd ( wieder) laufen lernen kann, womöglich sogar mit Fremdgewicht auf dem Rücken.

So sind nicht etwa Lektionen der Hohen Schule das Ziel der Ausbildung des Pferdes mittels der Hohen Schule, sondern Balance, Takt, Schwung , Losgelassenheit, Tempo und Lebensfreude. Gut zu sehen ist dieses Ergebnis an taktreinen, freien Grundgangarten auch während der Arbeit und einer Zunahme an Bewegungsintelligenz des Pferdes im Freilauf. Durch die Arbeit hat es erfahren, wie es seinen Körper nutzen kann. Also nicht eine Lektion oder eine Reihe von Lektionen sind das Ziel der Ausbildung, sondern sie sind ersonnen, um die Natur des Pferdes zu erhalten, zu fördern oder wiederherzustellen- so wie Holleuffer weiter oben sagt.

Nur dann, wenn das Pferd eine Lektion für sich nutzen kann, ist sie nützlich für das Pferd und macht Sinn.

Wollen wir das Pferd reell ausbilden, so können wir nicht eine Lektion losgelöst von der übrigen Ausbildung erarbeiten, sie verkommt sonst zu einem Trick. Typische Lektionen, die erstmal eindrucksvoll, vor allem auf den Laien,  wirken, sind das sogenannte „Steigen“, der Spanische Schritt ( wie er heute gearbeitet wird), ein Verbeugen, eine „Piaffe“ oder auch die „Schulparade“- oftmals Karikaturen ihrer selbst, wenn sie nicht aus einem Zusammenspiel der Elemente einer reellen Schulung des Pferdes entstehen und so zu einem reinen Trick verkommen.

Doch was bringen diese Bewegungsabläufe dem Pferd?  Beim Steigen, wie auch beim Spanischen Schritt, als auch beim Verbeugen werden die ausschließlich an beweglichen Strukturen wie Bändern, Muskeln und Bindegewebsstrukturen am Brustkorb befestigten Schulterblätter des Pferdes so hochgezogen , dass sie die Wirbelsäule im Widerristbereich herunterdrücken. Das führt dazu, dass auch der Brustkorb heruntergedrückt wird und das Brustbein am Buggelenk des Pferdes ( an der Brust) sichtbar wird.  Gleichzeitig kann die Halswirbelsäule des Pferdes nicht mehr so in Bewegung kommen, wie sie es müßte: Schwung ist zerstört- wir haben genau kontraproduktiv zu dem gearbeitet, was wir uns mit großer Mühe versucht haben, in jedem Bereich zu erarbeiten.

Arbeit ohne Benefit für das Pferd: deutlich zu sehen die Lordose im Hals des Pferdes. Schwung ist so zerstört.

Alle Lektionen sind nur als ein Werkzeug erdacht worden, um dem Pferd bestimmte Hilfen auf dem Weg ( zurück) zu seiner Natur während der Reise Reitkunst geben zu können, Hilfen, die dem Pferd helfen sollen, sich in seinem Körper zu finden, Lebensfreude, Verve, Elan, Begeisterung, kurz: Schwung herzustellen und zuzulassen. Außerdem sind sie Mittel zu Überprüfung durch den Ausbilder, ein Mittel zu sehen, wo noch Schulung nötig ist, welchen Ausbildungsstand dieses Pferd in diesem Moment erreicht hat.

Keine Lektion hat einen Selbstzweck, jede Lektion muß ein Teil des „Großen Ganzen“ sein, wenn sich für die Schulung des Pferdes ein Sinn ergeben soll.

Nur dann ist die Arbeit mit und an bestimmten Lektionen ein „Treat “ ( = dt. „Süßigkeit, Häppchen, Nascherei“ für das Pferd und kein bloßer Trick.

 

Stefanie Niggemeier

Barocke Pferdeausbildung

Lebensfreude und Spaß an Bewegung- existenziell wichtig für das Lauftier Pferd

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Kommentare: 6
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